In der Regel schreibe ich meine Rezensionen ja zu Produkten, von denen ich ein Rezensionsexemplar erhalten habe; hiervon mache ich nur extrem selten eine Ausnahme. Meist kann man davon ausgehen, dass Produkte, die ich ohne Rezensionsexemplar bespreche, nicht mehr auf dem 'normalen' Wege erhältlich sind. Zumindest sind sie 'out of print‘, in der Regel auch beim Hersteller nicht mehr vorrätig. Mit Glück kann man sie dann noch in einem regulären Laden erwerben, oder muss sich auf die Suche bei de elektronischen Bucht oder ähnlichen Einrichtungen machen.
Und jetzt eine Rezension zu einem Produkt, das erst vor wenigen Tagen (offiziell am 3. Juni) erschienen ist? Es war zwar limitiert, aber es kann doch nicht…? – Doch, es ist tatsächlich so. Und das obwohl Frank Heller sagte (etwa auf halber Seitenhöhe), man wolle das Buch so limitieren, dass es "voraussichtlich nach ein paar Monaten ausverkauft ist“. Aber das Interesse der Käufer war wohl wesentlich höher als vorhergesehen, da half es dann auch nicht, dass die ursprüngliche Limitierung auf 850 Stück duch Überproduktion der Druckerei auf 950 erhöht wurde – inzwischen ist das Buch bei Pegasus ausverkauft. In einigen Rollenspielläden wird man es wohl noch finden, aber auch hier dürfte der Vorrat nicht mehr lange halten, wenn die bisherige Entwicklung ein Indiz ist.
Die limitierte Auflage ist bereits äußerlich auffallend – wo erhält man heutzutage überhaupt noch ein Buch mit Schmuckschnitt? Wenn, dann ist es eher ein Goldschnitt, und oft auch nur ein Kopfgoldschnitt, alles andere ist heutzutage extrem selten geworden. Und die Traumlande haben einen kompletten Silberschnitt, sprich: der Buchblock ist auch an der Seite und unten versilbert. Zusätzlich gibt es ein gelbes und ein rotes Lesebändchen, einen sehr stabil wirkenden Einband, zwei Beilagen und sehr festes Papier. Das Papier glänzt leicht, ist aber deutlich dicker als bei vergleichbaren Büchern: wo andere Bücher in dieser Dicke auf 300+ Seiten kommen, endet die Zählung hier bei 248.
Die beiden Beilagen sind – relativ zum Traumlande-Band selber – 'enttäuschend' normal: eine Karte der Taumlande in knapp A3-Format auf festem Papier (beinahe Karton-Dicke) und ein Heft auf Normalpapier mit 14 Seiten Katzulhu und zwei Seiten Werbung für die Cthuluide Welten und für Shadowrun. Hierbei handelt es sich um einen Neudruck und eine Zusammenfassung der Katzulhu-Regeln aus den ersten Bänden genannter Cthuluide Welten, die ihrersits lange vergriffen sind. Unter Cthulhu-Kennern haben diese Regeln aber meist einen recht guten Ruf, ermöglichen sie es doch, ganz normale Stubentiger zu spielen. Die Stimmung, die sich dabei ergibt, erinnert meist an die Romane um den Kater Francis von Akif Pirinçci, allen voran Felidae, der auch verfilmt wurde. Die Kombination Traumlande/Katzen passt ziemlich gut, das Katzen ja in den Traumlande-Geschichten eine wesentliche Rolle spielen.
Das Hauptinteresse für den Käufer liegt aber sicherlich bei den eigentlichen Traumlanden, wie sie von H.P. Lovecraft entwickelt wurden und später u.a. auch von Gary Mayers und Bryan Lumley weiter verwendet wurden. Diese Weiterverwendung war damals noch ganz normal: auch wenn der Cthulhu-Mythos anscheinend untrennbar mit dem Namen H.P. Lovecraft verbunden ist, haben doch auch andere bekannte Schriftsteller wie August Derleth, Robert E. Howard (Conan), Frank Belknap Long, Robert Bloch etc. fleißig am Cthulhu-Mythos mitgeschrieben. Heutzutage würden Verlagsjuristen bei diesem Gedanken Alpträume kriegen…
Die Traumlande unterscheiden sich natürlich in einigen wesentlichen Punkten von den Geschichten um den Cthulhu-Mythos, so sehr, dass Literaturwissenschaftler die Traumlande-Geschichten in einen selbständigen Zyklus neben den Cthulhu-Zyklus einordnen. Vor allem sind die Geschichten wesentlich weniger hoffnungslos: wo im Cthulhu-Mythos oftmals der Wahnsinn oder der Tod als die besten Enden betrachtet werden müssen, wenn man die Alternativen bedenkt, bieten die Traumlande die Möglichkeit, 'klassischere' Fantasy zu erleben. Die Charaktere haben die Möglichkeit, etwas zu erreichen, etwas positiv zu verändern, und müssen nicht ständig gegen den schleichenden Wahnsinn ankämpfen. Die Traumlande sind also eine Welt der 'klassischeren' Fantasy.
Das Buch zu den Traumlanden kann beinahe alleine stehen. Es gibt eine Erklärung, wie man Charaktere erschafft, es gibt eine traumlandespezifische Ausrüstungs- und Waffenliste, das einzige, was mir beim ersten Durchlesen fehlte, waren die Steigerungsregeln für die Charaktere und die Regeln für die geistige Stabilität. Man kann also nur mit dem Traumlande-Buch (plus evtl. dem Heftchen 'Cthulhu für Einsteiger‘, das gratis auf Cons erhältlich ist bzw. hier gedownloaded werden kann – hier finden sich die Steigerungsregeln gut versteckt auf S. 5 links oben, und die Regeln für die Stabilität – Abenteuer in den Traumlanden erleben. Außerdem wird man, wenn man längere Zweit in den Traumlanden gespielt hat, wegen der Zauber das Spieler-/Spielleiter-Handbuch erwerben wollen, aber man kann auch mit den Traumlande-spezifischen Zaubern in diesem Band bereits sehr weit kommen, ohne dass man das Gefühl hat, etwas zu verpassen.
Anders als viele Regelwerke beginnt das Traumlande-Buch mit Hintergrundinformationen – wie kommt man in die Traumlande, was nimmt man mit, wie lebt man dort, wie kommt man wieder heraus, sowie ein Baedeker der Traumlande. Hier findet man auch eine Zusammenfassung der Traumsuche des Randolph Carter, aber (leider) nicht den Originaltext.
Im Anschluß an diesen Hintergrundteil, der rund 60 Seiten stark ist, folgt eine genauso dicke Beschreibung von Bewohnern, Kreaturen und Göttern der Traumlande. Hier wird deutlicher Wert darauf gelegt, dass die Götter der Traumlande wesentlich weniger zerstörerisch sind als die cthulhuiden Götter der realen Welt.
Es folgt eine Übersicht über die Magie in den Traumlanden, ein kurzes Kapitel, das wie gesagt den Schwerpunkt legt auf Zauber und Artefakte, die es nur in den Traumlanden geben sollte bzw. die nur in den Traumlanden Effekt haben.
Sehr kurz wird dann die Charaktererschaffung abgehandelt, aber spätestens mit o.g. Heftchen kann man bereits vollwertige Charaktere erschaffen. Da ich die Regeln kenne, weiss ich nicht sicher, ob es auch ohne geht, mir scheint das Regelwerk hier allerdings auch im Traumlande-Band bereits ausreichend zu sein.
Abgeschlossen wird das Buch dann mit 120 Seiten Abenteuern: sieben Abenteuer, die die Traumlande thematisieren. Ganz hinten findet man zusätzlich Charakterbögen in farbig und schwarzweiß, die speziell für Traumlande-Charaktere gedacht sind. Auch diese kann man als Druckvorlage (PDF) bei Pegasus herunterladen, genauso wie der Katzulhu-Bogen. Bei diesem irritiert ein wenig, dass im Abschnitt 'Angriffe' ein Schattenriss eines Gewehres zu sehen ist, ansonsten ist er allerdings funktional..
Womit wir bei den Kritikpunkten sind. Rein was die Verarbeitung angeht, gibt es natürlich – wie bei Pegasus zu erwarten – nichts zu meckern. Stabil und gut, einmal abgesehen vom dünnen Katzulhu-Heftchen und von der nicht sonderlich stabilen Landkarte der Traumlande – kopieren und einrahmen sind hier wohl angeraten. Weniger schön ist ein Tippfehler, der auf dem Buchrücken (also dem Teil, der einen aus dem Bücherregal heraus angrinst) zu sehen ist.
Vom Inhalt her handelt es sich größtenteils um die letzte Auflage der Traumlande aus den USA, was zu ein paar Seltsamkeiten in den Monsterstatistiken führt. Diese sollte man sich als Spielleiter genau ansehen, denn dass der Anblick eines 'süßen' Schnauzentierchens Stabilität kosten soll, während der eines Rennenden Dings gefahrlos sein soll, ist ein wenig … seltsam. Aber im großen und ganzen ist der Hintergrund- und Regelteil sehr brauchbar.
Leider kann man das von den Abenteuern nicht uneingeschränkt sagen. Hier findet man neben wirklich netten, schönen Abenteuern (Pickmans Schüler, Stadt der Schädel) auch Abenteuer, die die Spieler bestenfalls darauf hinweisen, dass es die Traumlande gibt, in denen sie aber nicht mehr tun können als sich alles staunend anzusehen – ich nenne so etwas eher Sightseeing- oder Turi-Abenteuer. Gerade das erste Abenteuer (Schlaf, Tor zu den Träumen krankt hieran. Von den übrigen Abenteuern sind wohl vor allem noch Das Land der verlorenen Träume erwähnenswert, das zwar hohe Anforderungen an den Spielleiter stellt, was das Erzählerische und die Stimmung betrifft, aber leider sehr geradlinig abläuft, sowie Zeit der Hexen mit einer zwar abwechslungsreichen und spannenden Geschichte, das aber auch so seine Probleme hat.
Alles in allem ist Traumlande also empfehlenswert, wenn man es noch finden kann.
Hersteller | Pegasus Spiele |
Autor |
Frank Heller (Red.), Chris Williams, Sandy Petersen, Keith Herber, Jeff Okamoto, Peter Schott et.al. |
Spieler |
RPG |
Denken |
n/a |
Glück |
n/a |
Geschicklichkeit |
n/a |
Preis |
49,95 € (Buchpreisbindung) |