Jagdfieber
Auf der SPIEL in Essen kann man ja immer wieder Überraschungen erleben. Sei es, dass Verlage fehlen, mit deren Erscheinen man eigentlich sicher gerechnet hatte (wie dieses Jahr Hiku-Spiele), sei es dass Verlage ihre Einstellung der Internetszene gegenüber plötzlich auf den Kopf stellen – oder auch, dass man kleine Herausgeber entdeckt, die man bis dahin noch gar nicht kannte.
Smiling Monster Games ist ein Beispiel für so einen neuen Herausgeber, der erst 2010 gegründet wurde und dessen Erstlingswerk, Jagdfieber, uns vorliegt. Jäger jagen Wölfe, Wölfe jagen Hasen, Hasen jagen Karotten, Karotten jagen…. niemanden. Wenn nicht gerade Schonfrist ist, was alle Pläne wieder umwirft, erhalten diese Figuren Punkte, wenn sie erfolgreich jagen – also auch nicht von ihrem jeweiligen 'Fressfeind' zur Strecke gebracht wurden.
Die Schachtel sieht eher unscheinbar aus, und ist gefüllt mit einer Menge Karten:
5 Kartensätze, je einer pro Spieler, enthalten jeweils: einen Jäger, zwei Wölfe, drei Hasen, 3 Möhren und eine Schonzeit-Möhren-Kombo, sowie eine Jagdhütte (eine deutlich größere Karte als die anderen). Außerdem gibt es noch eine Karte 'Jagd beginnt hier‘, und die Spielregel, die in Kleinformat insgesamt 12 Seiten umfasst: 6,2 Seiten Deutsch, 5,8 Seiten Englisch.
Über die Kartenqualität gibt es nicht viel zu sagen: Standardqualität halt. Auffällig ist aber, dass die Kartensätze nicht irgendwie markiert sind, so dass man beim Auseinandersortieren hinterher immer wieder durchzählen muss. Auch die Jagdhütten sehen sozialistisch-einheitlich aus. Und das, obwohl der Verlag – unter dem Namen Landmesser, Weseloh und Zlatintsis GbR in Aachen seinen Sitz hat und nicht etwa in Polen ;) Das einzige, was man zusätzlich noch benötigt, ist ein Schreibblock und ein Stift, weil man in mehreren Runden Punkte macht und die irgendwie aufgeschrieben werden müssen.
Die Zeichnungen sind auf jeden Fall sehr schön und wissen zu gefallen. Die Spielregel auch – sie ist zwar ziemlich einfach, bietet aber während des Spiels eine Menge Spielraum für Bluffs.
Das Spiel geht über vier Durchgänge (‚Jagdtage‘), jeder Durchgang geht über ca. 10 Runden – circa, weil die Spieler, wenn sie sich gegenseitig genugt Beinchen stellen, ohne weiteres auch ein paar Runden extra einlegen können.
Zu Beginn des Spiels wird ein 'Startspieler' gewählt – und es war richtig erfrischend, dass hier schlicht steht 'zufällig bestimmt‘: wer meine Rezensionen liest, weiß, dass ich den pseudo-witzigen Methoden (‚wer zuletzt Wild gegessen hat‘) nicht viel abgewinnen kann. Dieser Spieler erhält die Karte 'Jagd beginnt hier‘, außerdem erhält jeder Spieler einen Kartensatz und eine Jagdhütte. Logisch gerechnet: das Spiel ist demnach auch für maximal 5 Spieler gedacht.
In jeder Jagdphase legt jeder Spieler eine seiner Karten verdeckt über seiner Jagdhütte aus. Wenn alle Karten offen liegen, wird aufgedeckt, und gesehen, welche Teilnehmer erfolgreich oder auch nicht jagen.
Begonnen wird mit der Frage, ob gerade Schonzeit ist. Wenn ja, werden alle ausgelegten Jäger der Runde verdeckt in den eigenen Beutestapel gelegt (links von der Jagdhütte). Wenn nicht, jagen die Jäger Wölfe: ein Jäger hat Erfolg, wenn mindestens ein Wolf ausliegt, den dieser Spieler in seinen eigenen Beutestapel legen kann, der Jäger kommt wieder auf die Hand. Wenn ein Jäger keinen Wolf trifft, geht er heim (verschwindet unter der Jagdhütte).
Wenn die Jäger noch Wölfe übrig gelassen haben, machen die anschließend Jagd auf Hasen. Ein erfolgreicher Wolf wird am Ende der Runde in die 'Leichte-Beute-Position' (rechts vom Jagdhaus) gelegt, der gejagte Hase in den Beutestapel. Ein erfolgloser Wolf hungert und beschließt, es später noch einmal zu versuchen – er kommt also zurück auf die Hand.
Anschließend suchen die überlebenden Hasen auf dieselbe Weise nach Karotten, einschließlich des Ablegens und auf-die-Hand-Nehmens wie beim Wolf. Alles, was dann noch in der Leichte-Beute-Position liegt, bleibt beim Spieler und kommt in dessen Beutestapel, die erfolgreichen Wölfe, Hasen und übrig gebliebenen Karotten kommen danach in die Leichte-Beute-Position, wo sie in der folgenden Runde noch erwischt werden können.
Der Jagdtag endet, wenn ein Spieler keine Karten mehr auf der Hand hat: es gibt Pluspunkte für die Karten im Beutestapel, Minuspunkte für Karten, die man dann noch auf der Hand hat. Auch gibt es Minuspunkte für erwischte Jäger in der Schonzeit und Pluspunkte für die, die die Schonzeit ausgespielt hatten.
Das ganze wird so lange gespielt, bis vier Wertungen durchgeführt wurden: wer dann die meisten Punkte hat, hat (Überraschung!) gewonnen. Bei Gleichstand gewinnt der, der an einem einzelnen Tag das höchste Ergebnis erreicht hat. Gibt es auch hier einen Gleichstand, gewinnen eben mehrere Spieler.
Das klingt jetzt hier vielleicht ein wenig verwirrend, ist aber in den Regeln ziemlich deutlich erklärt, und wenn man ein, zwei Jagdphasen gespielt hat, hat man die Mechanismen bereits kapiert.
Das wichtigste in diesem Spiel ist, dass man die Aktionen und Reaktionen der Mitspieler gut einschätzt. Lohnt es, einen Jäger zu spielen, oder wird mir da jemand mit einer Schonzeit dazwischenfunken? Legt überhaupt jemand einen Hasen aus, und wird mein Wolf die Jagd überleben um den Hasen zu fangen?
Dieses Spiel ist ein nettes Bid-n-Bluff-Spiel, das einen zu einer Menge Gedanken über die Mitspieler zwingt. Bei Beginnern ist es eher glücksabhängig, wenn man sich aber eine Weile kennt und meint, den anderen gut zu lesen, wird es eher ein Poker-ähnliches Spiel. Und, wie so oft in der Spieltheorie: wenn man weit genug fortgeschritten wäre, würde es wieder zurückgehen zu einem Spiel, bei dem man die ideale Aktion zufällig bestimmen müsste. Aber hierfür müsste man genau mitzählen, welche Karten von welchem Spieler bereits ausgespielt wurde, was wiederum bei der Anzahl Karten schon ein wenig schwieriger wird.
Dadurch, dass es sowohl glücksbetont als auch als echtes Bid-n-Bluff-Spiel gespielt werden kann, dürfte es sowohl für Gelegenheitsspieler wie auch für Intensivspieler interessant sein. Das Thema und die Illustrationen sorgen zusätzlich noch für einen Spielanreiz, und die Altersangabe auf der Schachtel (8+) scheint mir auch ganz angemessen zu sein. Unsere Testspiele haben jedenfalls meist knapp über 30 Minuten gedauert – wobei allerdings auch einige 'scharfe Denker' die Geschwindigkeit abbremsten.
Angesichts der kleinen Auflage und des akzeptablen Preises sollte man wohl nicht allzu lange warten, sondern direkt beim Verlag bestellen…
Hersteller |
Smiling Monster |
Autor |
Stefan Zlatintsis |
Spieler |
3-5 |
Denken |
8 |
Glück |
7 |
Geschicklichkeit |
0 |
Preis |
€ 13,50 (incl. Versand) |