Backseat Drawing
Out of the Box Games, der Amerikanische Verlag, der einfache Spiele produziert, die dennoch Tiefgang haben, hat schon immer im Portfolio auch ausgesprochene Partyspiele gehabt. Der Klassiker dürfte Apples to Apples sein, das hierzulande von Pegasus Spiele als Äpfel zu Äpfeln verkauft wurde, aber inzwischen an Mattel lizensiert wurde.
Aber Out of the Box Games wäre kein Spieleverlag, wenn sie nicht ihrem eigenen Produkt ernsthafte Konkurrenz machen würden. Backseat Drawing ist ein Spiel in bester Montagsmaler-Tradition, auch wenn mir so schnell keine Amerikanische Show einfällt, die das Montagsmaler-Prinzip umgesetzt hätte. Aber bei Backseat Drawing geht es um mehr als nur das gute Zeichnen eines Begriffes, den die Teammitglieder dann erraten müssen.
Der Titel ist bereits eine Andeutung des Spielprinzips. Wie der Backseat Driver, der als Beifahrer auf dem Rücksitz des Wagens sitzt, aber – zumindest klingt es so – den Wagen fährt, und nicht der tatsächliche Fahrer, gibt es hier einen ‚Backseat Drawer‘. Der zeichnet indirekt einen vorgegebenen Begriff: er sagt einem anderen Teammitglied, was er zeichnen soll. Natürlich darf er bei der Beschreibung, was zu zeichnen ist, keine Begriffe verwenden, die einen Hinweis darauf geben, was dargestellt werden soll: „ein Knauf“ wäre verboten, „an das Ende, das dem spitzen Ende gegenüberliegt, ein Kreis, der ungefähr doppelt so dick ist wie das Teil selber“ wäre zulässig.
Wie gesagt, spielt man das Spiel in zwei Teams, wobei beide ‚Direktoren‘ (also die Spieler, die die Anweisungen erteilen) gleichzeitig denselben Begriff zeichnen lassen. Das Team, das den Begriff zuerst benennen kann, erhält die Karte mit dem Begriff als einen Punkt; das Team, das zuerst sieben Punkte hat, gewinnt. Natürlich wechseln nach jeder gespielten Karte die Rollen von Direktor und Zeichner.
Das Material ist einfach und doch ausgefuchst. Es gibt zwei Zeichenbretter mit Plastiküberzug, trocken abwischbare Stifte (Whiteboard-Marker, die man auch im Schreibwarenhandel nachkaufen kann), trockene Schwämme (ebenfalls für Whiteboards geeignet), einen Kartenstapel mit zweimal 168 Begriffen und einen Kartenhalter, der gleichzeitig als Display Dienst tut.
Die Karten mit den gesuchten Begriffen sind beidseitig bedruckt. Auf der einen – gelben – Seite findet man relativ einfache Begriffe wie Schwert oder Saturn, auf der anderen – roten – Seite stehen schwieriger zu beschreibende und zu erratende Begriffe wie Suppe oder Seepferd.
Der Kartenhalter zeigt, dass Out of the Box Games nicht erst seit gestern im Geschäft ist, denn so einfach er wirkt, ist er doch sehr effektiv. Da beide ‚Direktoren‘ die Karte mit dem Begriff ansehen müssen, ist es manchmal unumgänglich, dass die Karte mehrfach angesehen wird. Würde dabei einfach nur die Karte hin und her gegeben werden, hätte man schnell Knicke oder Flecken auf den Karten, was die Eignung für das Spiel einschränken würde. Mit dem Karten-Displayhalter vermeidet man diese Probleme auf einfache Weise. Außerdem hilft der Displayhalter schon dadurch, dass die anzusehende Karte ein Stück tief hinter der Vorderkante steckt, dabei, ungewünschte seitliche Einblicke in den Kartenstapel zu behindern.
Auch über die Stifte hat man sich Gedanken gemacht, mehr sogar , als es den Anschein hat. Zum einen sind trocken abwischbare Stifte für so ein Spiel natürlich bequemer als beispielsweise nass abwischbare Folienschreiber (einmal ganz davon abgesehen, dass man versehentlich permanente Folienschreiber erwischen könnte). Vor allem wenn man Zeichenaufträge kriegt wie „zwei sehr langgestreckte Ovale, das eine im anderen. Jetzt ein großer Kreis, Durchmesser mehr als die Ovale breit sind, in der Mitte der Ovale zentriert. Wo die Ovale oben den Kreis schneiden, das Stück, das im Kreis liegt, wegwischen…“, ist man froh, wenn das so einfach geht. Und was tut man, wenn man am Ende des Spiels vergessen hat, die Bretter zu säubern? Nach einer gewissen Zeit ‚verewigen‘ sich die Striche auf den Brettern. Auch hier weiss Out of the Box Rat: in der FAQ wird empfohlen, bei einfachen Zeichnungen die Linien noch einmal mit Marker nachzuzeichnen, weil sie sich dann in der Regel wieder entfernen lassen, ansonsten möge man es mit Whiteboard-Reiniger oder Isopropylalkohol versuchen. Wer diese Whiteboardprobleme kennt, weiss, dass das tatsächlich die besten Optionen sind.
Leider bin ich mir bei den Zeichenbrettern nicht so sicher: sie machten auf mich einen weniger stabilen Eindruck. Wie gut sie bei häufigem Gebrauch standhalten, muss sich noch herausstellen.
Backseat Drawing ist kein Spiel für Leute, die beim Spielen ernst bleiben wollen. Lachen und Spaß stellen sich beim Spiel nahezu von selbst ein. Eine knappe halbe Stunde benötigt man normalerweise, um die sieben Punkte zu sammeln, die die Regeln vorgeben. Man kann das Spiel aber ohne weiteres auch auf mehr oder weniger Punkte spielen, es gibt genug Karten und Herausforderungen für einen ganzen Abend. Auch wird das Spiel nicht schnell langweilig, weil die Herausforderungen ständig wechseln und jeder an die Reihe kommt als Direktor oder Zeichner aktiv sein zu müssen.
Schön ist vor allem, dass anders als bei vielen Spielen, bei denen gezeichnet werden muss (zum Beispiel Pictionary, Das Nilpferd in der Achterbahn etc.) die Hemmschwelle des ‚aber ich kann doch gar nicht zeichnen‘ wesentlich niedriger ist: als Zeichner setzt man das um, was einem gesagt wird, als Direktor beschreibt man, was man will und zeichnet nicht selbst. Hierdurch kann man zwar immer noch nicht unbedingt besser zeichnen, aber die Ergebnisse sind gerade bei Leuten, die nicht zeichnen können, oftmals überraschend gut.
Backseat Drawing ist daher als Partyspiel uneingeschränkt empfehlenswert.
Hersteller |
Out of the Box Games |
Autor |
Peggy Brown, Catherine Rondea |
Spieler |
4-10 (und mehr) |
Denken |
7 |
Glück |
0 |
Geschicklichkeit |
7 |
Preis ca. |
24,99 € (im Pegasus-Webshop) |